Bei der Bekämpfung der Marken- und Produktpiraterie im Internet müssen Markeninhaber versuchen, die Hersteller der Fälschungen in der Realwirtschaft zu ermitteln und auszuschalten. Wer in Internetmarktplätzen und Onlineshops mit Hilfe von Crawling-Software illegale Verkäufe findet und diese nur manuell oder automatisiert löschen lässt, kuriert das Symptom. Die gelöschten Angebote werden kurz nach der Entfernung in anderen Shops oder in den Sozialen Medien auftauchen – der Markeninhaber jagt den Fälscher von einer Website zur anderen.
Auch Abmahnschreiben sind ein zweischneidiges Schwert, weil sie vom Verletzer rufschädigend veröffentlicht oder für einen juristischen Gegenschlag eingesetzt werden können. Dazu kommt, dass Menschen oft aggressiv und emotional reagieren, wenn ihre Accounts geschlossen werden. Die Internetmarktplätze und Sozialen Medien haben keinen Handlungsspielraum, wenn auf ihnen keine Rechte verletzt werden. Die Bekämpfung bleibt letzten Endes Sache des Markeninhabers. Er muss Online-Befunde strategisch analysieren, um nachhaltig wirksame Offline-Maßnahmen gegen den Hersteller durchführen zu können. Bei größeren Schäden sollte er nicht nur die IP-Abteilung, sondern auch den Bereich Cyber Security einschalten.
Wie raffiniert und komplex die Methoden von Fälschern inzwischen geworden sind, zeigt das Beispiel verweisender URLs. Dabei wird beispielsweise ein Angebot gefälschter Jacken auf Facebook oder Instagram veröffentlicht. Die Seite enthält aber nur einen Link, die Identität des Anbieters ist auf ihr nicht erkennbar. Der Link führt zu einem Shop auf einer chinesischen Plattform wie Alibaba, der Stromkabel in verschiedenen Farben zeigt. Die Kabel stehen für die Jacken, wobei die Farben der Kabel den Farben der Jacken entsprechen. Die Namen der Marke und der Ware werden im Alibaba-Shop nicht angezeigt. Kunden, die über solche Sites kaufen, sind eingeweiht – sie wollen gefälschte Produkte erwerben.
Fakes werden im Internet oft im Rahmen des Drop Shipping vertrieben, bei dem der Händler kein Lager hat und nur Bestellungen über Shops und Social Media Accounts managet. Die Ware geht direkt vom Hersteller oder Großhändler an den Käufer. Bei diesem Modell verletzt nicht nur der Hersteller, sondern auch der Drop Shipper die Rechte des Markeninhabers am geistigen Eigentum.
Markennamen werden heute nicht nur in Domains verwendet, sondern auch in App-Namen, Social Media-Posts oder Accounts etc. Oft kommt ein Angebot einem mehr oder weniger generischen Markennamen wie „Next“ sehr nahe. Der Look des Shops in Social Media wie Instagram ist dem Auftritt des Originals sehr ähnlich, der Fälscher bleibt bei dieser Strategie immer am Rande einer Verletzung.
Bei Counterfeitern beliebt sind auch der Handel in weniger transparenten Kanälen wie dem chinesischen WeChat, dem russischen Telegramm oder in geschlossenen Gruppen von WhatsApp oder anderen Messaging-Medien. Ein anderer beliebter Kanal ist Snapchat: Die Angebote werden dort nur für einen begrenzten Zeitraum angezeigt. Eine reine Online-Bekämpfung wird so gut wie unmöglich, wenn Fälscher in globalen Netzwerken agieren und Daten, Waren und Geld über verschiedene Länder fließen.
Wir setzen bei der Ermittlung der Hersteller und ihrer Netzwerke verschiedene Strategien, Methoden und Instrumente ein, die wir der spezifischen Situation entsprechend miteinander kombinieren. Basisstrategie ist und bleibt die verdeckte Ermittlung durch speziell ausgebildete und erfahrene IP-Detektive, die im realen Markt und in digitalen Foren Informationen einholen. Sie werden durch Informanten unterstützt, die über unser umfassendes WeChat-Informationssystem berichten, und tauschen Hinweise und Erfahrungen über die Sozialen Medien aus.
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