Chinas neue Politik einer Transformation der Gesellschaft hin zu mehr Gemeinwohl führt bei den westlichen Anbietern von Luxusmarken zu strategischen Überlegungen. Könnte es sein, dass ausländische Luxusmarken von der politischen Führung zukünftig als zu individualistisch, kapitalistisch und dekadent betrachtet und deshalb kontrolliert oder sogar ausgebremst werden? Das harte Vorgehen der Regierung gegen die Promi-Kultur und die Fan-Wirtschaft deutet in diese Richtung.
Dem steht das Argument gegenüber, dass die neue Politik der Stärkung des Gemeinwohls zu einer Vergrößerung der kaufkräftigen chinesischen Mittelschicht führen wird, was ausländischen Luxusmarken letzten Endes zugutekommt. Die gehobene Mittelschicht und wohlhabende Verbraucher haben sich nach der Pandemie noch stärker auf den Luxuskonsum konzentriert. Wohlhabende Verbraucher wünschen sich authentische Luxusikonen und keine trendigen Premiummarken.
Damit nicht genug – Luxusmarken müssen sich in China auch auf die rasant fortschreitende Digitalisierung einstellen. Die meist jüngeren und kaufkräftigen chinesischen Konsumenten von Luxusmarken sind digital unterwegs, die sogenannte Generation Z prägt inzwischen das gesamte Marketing im Konsumgütergeschäft. Sie leben digital first und fordern damit westliche Unternehmen heraus. Luxusmarken werden dadurch disruptiv ins digitale Zeitalter versetzt und müssen sich strategisch neu positionieren. Sie müssen ihre Werte, Verhaltensweisen und Botschaften anpassen, um der neuen Politik gerecht zu werden.
Um schnell Anschluss zu finden, experimentieren Luxusmarken im digitalen Raum und kooperieren mit Pionieren der digitalen Welt. Louis Vuitton vermarktet erfolgreich futuristische und digitale Kollektionen, und Balenciaga kooperierte überaus erfolgreich mit dem in China beliebten Videospiel Cyberpunk 2022. Exklusivität reicht alleine nicht mehr aus, um bei den politisch neu orientierten und digital agierenden chinesischen Konsumenten zu punkten. In China geht es jetzt um die Re-Positionierung der Luxusmarke als kollektiv und sozial, zu allererst im digitalen Raum.
Bild: Givenchy