RCEP und IP: Schwächung der Rechteinhaber, Stärkung der Nutzer

Am 15. November 2020 haben 15 asiatische Nationen die Verträge der Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) unterzeichnet und damit die größte Freihandelszone der Welt mit 30% der Weltbevölkerung, 29% des globalen BIP und mehr als 26% des Welthandelsvolumens etabliert. Der Pakt, der bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 in Kraft tritt, wird den Welthandel massiv verändern. Der Vertrag enthält auch ein umfassendes 44-seitiges IP-Kapitel, das Hinweise auf den Einfluß der RCEP auf das geistige Eigentum in der Region gibt.   

Das Abkommen führt dazu, daß die IP-Rechte auf allen RCEP-Märkten grundsätzlich geschützt und durchsetzbar sind, was wiederum Investitionen in Innovationen und den Austausch von Informationen, Wissen und Technologie in der Region fördern wird. Die Standardisierung von IP-Regeln wird dazu beitragen, die Transaktionen zu rationalisieren, die Transparenz zu fördern und die Kosten der Geschäftstätigkeit zu senken. Dadurch werden kreative und innovative Industrien in der Region gefördert und die globale Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Länder erhöht.

Ein hervorstechendes Merkmal der IP-Regelungen ist, daß sie das Gleichgewicht von Rechten und Pflichten betonen. Der Schutz und die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums soll zum gegenseitigen Vorteil für die Produzenten und Nutzer des technologischen Wissens führen und den Technologietransfer in die Gesellschaft unterstützen. IP soll nicht primär der Wettbewerbsfähigkeit und Gewinnmaximierung der Rechteinhaber dienen, sondern dem sozialen und wirtschaftlichen Wohlergehen der Gesellschaften förderlich sein.

Darüber hinaus verlangen die Verträge von den RCEP-Mitgliedern, den Mißbrauch von IPR durch die Rechteinhaber und handelseinschränkende oder den internationalen Technologietransfer hemmende Praktiken von Unternehmen zu verhindern. Das IP-Regime der neuen Freihandelszone geht davon aus, daß die entwickelten Länder die Bedeutung des Schutzes der IP der Rechteinhaber bisher übermäßig betonen, um ihre globale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Die RCEP zielt auf die sozioökonomische Wohlfahrt in der Region und sorgt sich um die Interessen der weniger entwickelten Länder. Dementsprechend verfolgt der Pakt beim geistigen Eigentum einen eher moderaten Ansatz und setzt keine allzu hohen Standards und strengen Bedingungen für dessen Schutz. Gesuche weniger entwickelter Länder um technische Hilfe werden ausdrücklich unterstützt, beispielsweise die Bitten von Kambodscha, Laos und Myanmar um Hilfe bei der Einrichtung eines elektronischen Antragssystems für die Bearbeitung, Registrierung und Aufrechterhaltung von Marken.

Auch im Streitfall hat das Kollektiv Vorrang. Das RCEP behandelt geistiges Eigentum als eine Investition von Unternehmen, die bei einer Bedrohung oder Verletzung ihres geistigen Eigentums ein Streitbeilegungsverfahren zwischen Firmen und Staaten (Investor-State Dispute Settlement, ISDS) anstrengen können. Durch die Unterwerfung unter ein internationales Schiedsverfahren kann die Wirkung nationaler IP-Gesetze jedoch eingeschränkt werden, was für den Rechteinhaber zu unerwünschten Effekten führen kann. Das Fazit: In Sachen IP schwächt die RCEP die Rechteinhaber und stärkt die Nutzer. Westliche Unternehmen werden ihre IP-Strategien in Asien anpassen müssen. Inwieweit sich die chinesische Dominanz in der Freihandelszone beim geistigen Eigentum bemerkbar machen wird, bleibt abzuwarten.

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